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Der Fremde

Kriminal-Drama, Frankreich 2025, 123 min

Algier, 1938. Meursault (Benjamin Voisin), ein ruhiger, unauffälliger Angestellter Anfang dreißig, nimmt ohne sichtbare Gefühlsregung an der Beerdigung seiner Mutter teil und beginnt kurz danach eine Affäre mit seiner früheren Kollegin Marie (Rebecca Marder). Sein gleichförmiger Alltag wird von einem Nachbarn gestört, der Meursault in zwielichtige Situationen hineinzieht…
François Ozon adaptiert Albert Camus’ Klassiker von 1942 für die Leinwand und reiht sich damit in eine überschaubare Reihe filmischer Umsetzungen ein: Nach Luchino Viscontis »Lo Straniero« (1967) und Zeki Demirkubuz’ türkische Interpretation »Yazgı« (2001) folgt nun seine mit besonderer formaler Strenge inszenierte Version. Der überaus produktive französische Regisseur hält sich eng an Camus’ Text, integriert aber Archivmaterial, das die französische Kolonialherrschaft in Algier verherrlicht und verweist so auf die sozialen Spannungen, ohne sie zum zentralen Handlungselement zu machen. Im Zentrum steht Meursaults Indifferenz gegenüber gesellschaftlichen Ritualen und menschlichen Bindungen. Vom Tod seiner Mutter über deren Beerdigung und die darauf folgenden Tage bis hin zu einem schicksalhaften Ereignis am Strand von Algier verfolgt der Film Meursaults Reaktionen - weniger das Geschehen selbst als seine Wahrnehmung davon, seine Distanziertheit und existentielle Gleichgültigkeit. Die Geliebte Marie (Rebecca Marder) fungiert als Kontrastfolie, während Rückblenden die Abfolge der Ereignisse strukturieren und Meursaults Perspektive betonen.
Ozon findet schmerzhaft klare Bilder für die innere Isolation des Protagonisten. Das körnige Schwarz-Weiß des Filmmaterials sorgt für elegante Bilder und atmosphärische Dichte, die einen reizvollen Kontrast zum spröden Plot bilden. Die virtuose Neuinterpretation des gleichnamigen Literaturklassikers von Albert Camus feierte ihre Weltpremiere im Wettbewerb des Venedig Filmfest 2025.
Grit Dora